Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
2. Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln
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van Lerberghe, Josef
Belgier, wurde am 27. Dezember 1921 in Tielt in Flandern geboren. Der Schuhmacher wohnte in Tielt, Wakkenstr. 29.
Als Widerstandskämpfer vermutlich schon seit 1941 in Haft, wurde er am 23. Mai 1942 zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Wie viele ausländische „Politische“, kam van Lerberghe im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Rheinbach bei Bonn am 16. September 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Er wurde umgehend in das Zuchthaus-Außenlager Holzen zum mörderischen Arbeitseinsatz gebracht. Die erlittenen Strapazen ließen ihn bald erkranken, so dass er als 'nicht außenarbeitsfähig' nach Hameln zurückverlegt wurde.
Van Lerberghe starb am 5. April 1945 im Zuchthaus und wurde erst am 17. April 1945 auf dem Friedhof Wehl ohne Sarg in einem doppelt belegten Grab bestattet (Feld C I/23). Mit 16 weiteren zumeist ausländischen Zuchthaus-Toten sowie 23 toten Zwangsarbeitern wurde van Lerberghe im März 1972 auf Feld F II umgebettet (F II/236) und erhielt einen beschrifteten Grabstein.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Hameln
van Loon, Frederik Kaspar
Niederländer, wurde am 25. Juni 1916 in Düsseldorf geboren. Der Angestellte wohnte in Arnheim, St. Marten 90.
1941 als Widerstandskämpfer von einem deutschen Kriegsgericht verurteilt und seither in Haft, kam van Loon am 16. September 1944 mit einem Sammeltransport mit Hunderten von Leidensgenossen aus dem Zuchthaus Rheinbach bei Köln nach Hameln.
Nach Ablauf seiner Zuchthausgefangenschaft am 14. Februar 1945 nahm die Polizei Hameln Frederik Kaspar van Loon in „Schutzhaft“ und lieferte ihn an die Gestapo Hannover aus. Diese verschleppte ihn ins „Arbeitserziehungslager“ Lahde/Weser, dem KZ der Gestapo Hannover.
Frederik Kaspar van Loon kam auf dem Todesmarsch von Lahde ins Gestapo-Gefängnis Hannover-Ahlem ums Leben; vermutlich erschoß ihn ein Wachmann am 2. April 1945 in Groß Goltern, weil er vor Erschöpfung nicht mehr weitermarschieren konnte.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Gestapogefängnis-Ghetto-KZ
van Megen, Josef (Sef)
Niederländer, wurde am 9. Dezember 1916 in Leunen bei Venray in Nordlimburg geboren. Der Schullehrer wohnte in Broekhuizen an der Maas nördlich von Venlo.
Sef van Megen gehörte dem katholischen Widerstand in der Grenzprovinz Limburg an. Im August 1943 wurde er verhaftet und über die Polizeigefängnisse in Maastricht und „Kamp Haaren“ zum Prozess nach Utrecht gebracht. Ein Gericht der deutschen Besatzungsmacht verurteilte van Megen wegen illegaler Tätigkeit zu einer fünfjährigen Zuchthausstrafe, die er im Zuchthaus Siegburg verbüßen sollte. Am 17. Juli 1944 wurde Sef van Megen jedoch erneut nach „Kamp Haaren“ verschleppt, um dort in einem zweiten Prozess wegen Fluchthilfe für französische Kriegsgefangene und abgestürzte britische Piloten zum Tode verurteilt zu werden. Sef van Megen gehörte einem großen Sammeltransport von NN-Gefangenen an, der am 29. Juli über Kevelaer das Zuchthaus Anrath erreichte. Am 5. September 1944 wurde van Megen in das Zuchthaus Lüttringhausen weiterverlegt.
Wie viele niederländische „Politische“ kam van Megen im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Remscheid-Lüttringhausen am 2. November 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Van Megen musste am 5. April 1945 am Todesmarsch vom Zuchthaus Hameln in das Zuchthaus-Außenlager Holzen teilnehmen. Bei Wegensen konnte er vor Erschöpfung der Marschkolonne nicht mehr folgen; daraufhin wurde Sef van Megen zusammen mit seinem niederländischen Leidensgenossen Louis Franzen und einem weiteren Niederländer – denunziert von Dorfbewohnern – von einer SS-Streife erschossen.
Sef van Megen wurde zunächst an Ort und Stelle begraben und im Herbst 1945 auf den nahen Gemeindefriedhof von Dohnsen umgebettet. Enge Freunde und Kampfgefährten, die überlebt hatten, überführten den Leichnam im Frühjahr 1946 auf eigene Faust in die Heimat. Auf dem Friedhof von Broekhuizen wurde ihm ein Grabstein gesetzt, der bis heute erhalten ist.
Sef van Megen erfuhr in der Provinz Limburg vielfältige Ehrungen; in Broekhuizen wurde eine Straße nach ihm benannt und die örtliche Schule, an der er unterrichtet hatte, trägt seinen Namen.
Der Amsterdamer Schriftsteller Eduard Veterman, der in Lüttringhausen mit van Megen in einer Zelle gesessen hatte, schreibt in seinen Erinnerungen:
'Nachdem ich nicht mehr allein in der Zelle saß, hatte ich das Glück Freunde zu haben. Ich denke an Sef van Megen, ein Volksschullehrer aus Limburg, imemr gute Laune, der leider kurz vor der Befreiung wegen Erschöpfung ums Leben kam und erschossen wurde.'
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Von Hameln nach Holzen
van Migro, Frans Louis
Belgier, wurde am 22. November 1889 in Boon geboren. Der Kaufmann wohnte in Hemiksen, Depotstr. 51.
Vermutlich saß van Migro schon seit längerem als Widerstandskämpfer in Haft.
Wie viele ausländische „Politische“, kam er im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem großen Sammeltransport aus dem Gefängnis Bochum am 22. März 1945 in das Zuchthaus Hameln.
Van Migro starb offenbar am Tag seiner Ankunft, am 22. März 1945, im Zuchthaus und wurde auf dem Friedhof Wehl ohne Sarg in einem doppelt belegten Grab bestattet (Feld C I/119). Mit 16 weiteren zumeist ausländischen Zuchthaus-Toten sowie 23 toten Zwangsarbeitern wurde van Migro im März 1972 auf Feld F II umgebettet (F II/241) und erhielt einen beschrifteten Grabstein.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Hameln
van Nuffel, Edgar Petrus
Belgier, wurde am 20. Februar 1903 in Lebbeke, Ostflandern, geboren. Der Schuhmacher wohnte in Lebbeke, Stationstraat 47b.
Edgar van Nuffel war seit 1. Juni 1941 Mitglied der Widerstandsgruppe „B.V.L.“ (niederl.: „Bevrijdingsleger“ / „Belgisch Vrijwilligerslegioen“; franz.: „A.L.“ = „armée de la libération“). Am 12. Oktober 1942 nahmen Geheime Feldpolizei und „Sicherheitsdienst“ (SD) in einer gemeinsamen nächtlichen Aktion Edgar van Nuffel „bei Nacht und Nebel“ in seiner Wohnung fest und sperrten ihn zunächst in das deutsche Wehrmachtsgefängnis Gent.
Nach mehr als fünf Monaten, am 23. März 1943, wurde er heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam van Nuffel mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus Bochum in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 29. April 1944 wurde Edgar van Nuffel zusammen mit knapp 70 Belgiern und Franzosen des genannten Transports in das von alliierten Bomben nicht bedrohte Zuchthaus Groß Strehlitz in Oberschlesien weiterverlegt, den zentralen Zielort für NN-Verschleppte seit Frühjahr 1944 und bis zur Deportation in KZs im Herbst 1944.
Mit Räumung dieses Zuchthauses am 30. Oktober 1944 vor der herannahenden Ostfront wurde van Nuffel auf einen mörderischen Todesmarsch zum KZ Groß Rosen in Niederschlesien gezwungen, den er wie Hunderte seiner zumeist belgischen Leidensgenossen nicht lange überlebte.
Edgar van Nuffel starb am 7. Dezember 1944 im KZ Groß Rosen.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Groß Strehlitz


