Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

2.  Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln

     Todesorte 2

2.4  Nach der Verschleppung aus dem Zuchthaus Hameln in andere Strafanstalten

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Spiessens, Hendrik

Belgier, wurde am 17. September 1902 in Hingene-Wintham geboren. Der Gärtner wohnte in Puurs bei Antwerpen, Kapelstr. 21.
Als Widerstandskämpfer am 17. Oktober 1941 in Puurs bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und bis zum 29. Juni 1942 in den Gefängnissen von Antwerpen und Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Hendrik Spiessens anschließend als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Wuppertal verschleppt. Der Berliner „Volksgerichtshof“ verurteilte ihn in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 26. Februar 1943 wegen „Feindbegünstigung“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen in diesem Prozess verurteilten Belgiern und Franzosen kam Hendrik Spiessens wenig später aus dem Gefängnis Wuppertal in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Spiessens am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Später führte sein Leidensweg zunächst wieder in westliche Richtung, offenbar in die Strafanstalt und Hinrichtungsstätte Wolfenbüttel. Aus Wolfenbüttel kommend traf Hendrik Spiessens am 13. April 1945 im weiter östlich gelegenen Zuchthaus Brandenburg ein.
Nach seiner Befreiung am 27. April 1945 wieder auf dem Weg nach Westen, starb Hendrik Spiessens im Mai 1945 in der Nähe von Magdeburg.

Gruppenzugehörigkeit:  Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg

Spruyt, Henri

Belgier, wurde am 18. April 1918 in Vanvic in Frankreich geboren. Der Polizei-Offizier wohnte in Brüssel-Saint-Josse-Ten-Noode, rue de Scailquin 32.
Henri Spruyt war als Mitglied einer Vorläufergruppe der „armée secrète“, der größten, konservativen Widerstandsorganisation Belgiens, an Aktionen gegen die deutsche Besatzung beteiligt. Am 24. September 1941 nahm ihn die Geheime Feldpolizei fest und lieferte ihn in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles ein.
Am 30. Januar wurde Henri Spruyt heimlich nach Deutschland in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln verschleppt. In der Gewalt der Gestapo dürfte er mehrere Monate geblieben sein, bevor er in das Gefängnis Bochum gebracht wurde, womöglich wie andere Gefangene am 15. Oktober 1942.
Wohl noch 1942 dürfte ihn das Sondergericht Essen in einem Sammelprozess zu einer sicherlich mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt haben.
Insgesamt zählten sieben spätere Hamelner Gefangene zu den Verurteilten, die alle dem Brüsseler Widerstand angehörten. Einschließlich Henri Spruyt sollten fünf ihre Gefangenschaft nicht überleben (s. auch Namensartikel Dewael, Destaercke, Eysganck, und Vervust).
Aus Bochum kam Henry Spruyt vermutlich wie andere am 28. Mai 1943 in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland.
Henry Spruyt wurde am 6. Oktober 1943 – zusammen mit den anderen Verurteilten – in das Zuchthaus Hameln verlegt. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Nach wenigen Monaten wurde Henry Spruyt unter anderem mit den genannten Verurteilten in das Strafgefangenenlager Esterwegen zurückverlegt.
Im weiteren Verlauf des Jahres 1944 kam Henry Spruyt wie viele belgische Lagerinsassen in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg. Dort mussten zwischen 1942 und 1945 über 1500 strikt isolierte NN-Häftlinge überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Als die deutsche Justiz die NN-Gefangenen im Herbst 1944 an die Gestapo auslieferte und die Rote Armee näher rückte, wurde Louis Legal zusammen mit vielen anderen in das KZ Sachsenhausen verschleppt.
Henry Spruyt starb am 23. Februar 1945 im KZ Sachsenhausen.

Gruppenzugehörigkeit:  Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg

Stoefs, Georges Gustave

Belgier, wurde am 13. August 1882 in Brüssel geboren. Der Lehrer wohnte in Brüssel-Ixelles, rue du Bailli 92.
Als Mitbegründer einer Brüsseler Widerstandsgruppe war Georges Stoefs an Aktivitäten gegen die Besatzungsmacht beteiligt. Die deutsche „Sicherheitspolizei“ (SiPo-SD) nahm ihn am 13. Februar 1942 „bei Nacht und Nebel“ in seiner Wohnung in Ixelles fest und dürfte ihn in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles gesperrt haben.
Von dort wurde er vermutlich Ende 1942 heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Bochum gebracht.
Am 22. Mai 1943 kam Georges Stoefs mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 14. Dezember 1943 wurde Georges Stoefs in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt.
Über 50 Mann des genannten NN-Transportes kamen zumeist Anfang 1944 von Hameln nach Esterwegen, während knapp 70 Mann dieses Transportes im April 1944 in das oberschlesische Zuchthaus Groß Strehlitz gebracht wurden, den zentralen Zielort für NN-Verschleppte seit Frühjahr 1944 und bis zur Deportation in KZs im Herbst 1944.
Georges Stoefs kam jedoch nicht wie auch viele NN-Gefangene aus Esterwegen auf Transport in das Zuchthaus Groß Strehlitz; vielmehr lieferte ihn die Justiz schon im Sommer 1944 an die Gestapo aus. Diese deportierte ihn am 17. Juli 1944 in das KZ Natzweiler-Struthof im Elsaß, das wegen seiner sehr hohen Todesrate besonders berüchtigt war.
Später wurde Georges Stoefs in das KZ Dachau verschleppt, womöglich am 6. September 1944 zusammen mit seinem ehemaligen Hamelner Mitgefangenen Constant Eysganck.
Georges Stoefs starb am 5. Februar 1945 im KZ Dachau, angeblich an Gehirnhautentzündung.

Gruppenzugehörigkeit:  Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Esterwegen

Streckel, Ernst

wurde am 21.3.1903 in Breslau geboren. Der Kaufmann wohnte in Breslau, Tauentzienstr. 96.
Vermutlich seit 1944 saß Ernst Streckel in Untersuchungshaft, womöglich in seiner Heimatstadt oder aber in einer Strafanstalt im besetzten Polen.
Mit einem Transport von 50 zumeist polnischen Untersuchungshäftlingen aus Strafanstalten im besetzten Polen, die mit Näherrücken der Ostfront geräumt wurden, kam Ernst Streckel am 8. August 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Eine Woche später, am 16. August, ging der gesamte Transport nach Celle ab und traf noch an demselben Tag im Zuchthaus Celle ein.
Ernst Streckel starb am 14. März 1945 im Josefstift Celle. Die Unterbringung in einem externen Krankenhaus dürfte für eine besonders schwere Erkrankung sprechen.

Gruppenzugehörigkeit:  Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Celle

Szmidt, Jan

Pole, wurde am 11. Juli 1899 in Morawka geboren. Der Lokomotivführer wohnte in Placzkowo.
Am 1. Juli 1944 lieferte der deutsche „Fahndungsdienst“ Jan Szmidt unter dem Vorwurf des Diebstahls zur Untersuchungshaft in das deutsche Gefängnis im polnischen Kielce ein.
Mit einem Transport von knapp 50 polnischen Untersuchungshäftlingen aus Strafanstalten im besetzten Polen, die mit Näherrücken der Ostfront geräumt wurden, kam Jan Szmidt am 30. August 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Bereits am 1. September wurde der gesamte Transport in das Zuchthaus Celle weiterverlegt.
Ab dem 4. November 1944 gehörte Jan Szmidt dem „Kommando Rott“ an; dieses Außenkommando war bei Ovelgönne am mörderischen Arbeitseinsatz beim Ausbau eines Kalischachtes für die Rüstungsproduktion beteiligt.
Jan Szmidt starb am 5. März 1945 im Zuchthaus Celle, vermutlich an den erlittenen Strapazen.

Gruppenzugehörigkeit:  Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Celle