Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
2. Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln
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Delory, Marcel
Belgier, wurde am 24. Juli 1923 in Thui geboren. Der Eisenbahnschlosser wohnte in Thuin, rue de chemin de la croix 1.
Als Widerstandskämpfer am 31. Oktober 1942 in Marchienne-au-pont bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst im Gefängnis von Charleroi festgehalten, wurde Marcel Delory am 30. November 1942 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt. Das Sondergericht Essen verurteilte ihn am 3. Februar 1943 wegen „verbotenen Waffenbesitzes“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen anderen kurz zuvor verurteilten Belgiern und Franzosen kam Marcel Delory wenig später in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 westeuropäischen, vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Marcel Delory am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Marcel Delory starb im Mai 1944 im Zuchthaus Sonnenburg.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg
Demeulenaere, Camil
Belgier, wurde am 5. April 1912 in Staden bei Roselaere geboren. Der Kraftfahrer wohnte in Staden, Ypernstr. 91.
Als Widerstandskämpfer am 21. April 1942 in Houthulst bei „Nacht und Nebel“ verhaftet, wurde Camil Demeulenaere am 30. Juli 1942 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt. Das Sondergericht Essen verurteilte ihn in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 12. November 1942 wegen „verbotenen Waffenbesitzes“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Mit dem im selben Prozess verurteilten Rene Moreau kam Camil Demeulenaere am 23. Dezember 1942 in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 westeuropäischen, vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Demeulenaere am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Camil Demeulenaere starb zwischen Januar und Juni 1945. Damit könnte er zu den über 800 Sonnenburger Gefangenen gehört haben, die im Januar 1945 vor Ort von der SS erschossen wurden, um sie der Roten Armee nicht lebend in die Hände fallen zu lassen.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg
Denes, Bela
wurde am 22. Januar 1884 in Pecs (dt. Fünfkirchen) in Ungarn geboren. Der Kaufmann, der jüdischen Glaubens war, wohnte in Dresden-Weißer Hirsch, Collenbuschstr. 23.
Seit 1938 als rassisch Verfolgter in Haft, wurde Denes am 22. Mai 1941 für die letzen knapp drei Monate seiner Strafzeit in das Zuchthaus Hameln eingeliefert.
Mit Ablauf seiner Strafe am 9. August nahm ihn die Polizei Hameln in „Schutzhaft“ und sperrte ihn in das Gerichtsgefängnis Hameln, um ihn nach zwei Wochen, am 23. August 1941 in das Gestapogefängnis Hannover zu verschleppen. Denes kam ein Jahr später, am 9. September 1942, im KZ Sachsenhausen um.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Gestapogefängnis-Ghetto-KZ
Depasse, Edouard
Belgier, wurde am 1. Januar 1910 in Montygny bei Sambre geboren. Der Buchhalter wohnte in Mareinelle bei Charleroi, rue Grand Pont 7.
Als Widerstandskämpfer am 18. Februar 1942 in Charleroi bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst im Gefängnis von Charleroi festgehalten, wurde Edouard Depasse am 30. Juli 1942 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt. Das Sondergericht Essen verurteilte ihn am 12. Februar 1943 wegen „feindlicher Propaganda“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen anderen kurz zuvor verurteilten Belgiern und Franzosen kam Depasse wenig später aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 westeuropäischen, vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Depasse am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Edouard Depasse wurde später in das KZ Groß Rosen in Niederschlesien verschleppt. Dort kam er am 8. Januar 1945 ins Krankenrevier und starb zehn Tage später, am 18. Januar 1945.
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Strafanstalten / Sonnenburg
Derks, Johannes
Niederländer, wurde am 17. Mai 1911 geboren. Sein Geburts- und Wohnort sind unbekannt. Er war von Beruf Händler.
Als Widerstandskämpfer saß Derks vermutlich seit 1943 in Haft. Wie viele niederländische „Politische“ kam er im Zuge der Räumung frontnaher Strafanstalten im Westen mit einem vielköpfigen Sammeltransport aus dem Zuchthaus Remscheid-Lüttringhausen am 2. November 1944 in das Zuchthaus Hameln.
Jan Derks starb am 3. Dezember 1944 in seiner Zelle im Zuchthaus und wurde auf dem Friedhof Wehl bestattet (F I/106). Von seiner Umbettung in den Nachkriegsjahren ist auszugehen.
Sein niederländischer Mitgefangener Dirk Schortinghuis beschreibt seinen Tod im Kreise seiner Landsleute:
„Gegen Ende November (1944, d.Verf.) wird Jan Derks krank. Während seiner ganzen Gefangenschaft machte er, wenn ich ihn sah, schon nicht mehr den starken und gesunden Eindruck früherer Tage auf mich. Als ich Anfang November im Saal zufällig neben ihm saß, zeigte er sich müde und matt in seinen Gesprächen, obwohl der alte Geist noch nicht aus ihm gewichen war. Er isst schlecht, lässt von seinen Portionen einen Rest liegen. In der letzten Novemberwoche wird er taumelig und schwach, so dass er es nur noch mit Mühe schafft, von seinem oberen Bett herunterzukommen. Er wird nach unten verlagert, wo Paul Gulikers und Harry Tobben sich als Krankenpfleger hervorragend um ihn kümmern. Mit äußerster Kraftanstrengung schleppt er sich noch einmal zum Arzt, von dem er unverrichteter Dinge zurückkehrt. Die Schwäche nimmt Tag für Tag zu. Wir geben ihm Leckerbissen, und es ist immer ein Reservevorrat an Nahrung für ihn da.
Mit viel Mühe erreichen wir es, dass Dr. Bolle, der holländische Assistent, ihn untersucht. Er hielt die Krankheit für nichts anderes als eine normal nach der Ruhr auftretende Schwäche. Dann schaffen wir es, Schimmel, einen holländischen Mitgefangenen, in den Saal kommen zu lassen, dessen Urteil sofort feststeht: Entweder ins Krankenhaus oder tot. Wir tun noch alles, was in unseren Kräften steht, um für ihn einen Platz im Krankenhaus zu bekommen, aber der Versuch misslingt.
Danach bin ich noch kurz bei Jan, der die volle Gewissheit hat, dass er sterben wird. Er bittet mich und Harry und Paul, seine Eltern und die Jungen zu grüßen. Ich versuche noch, ihn zu ermuntern, denn seine Gelassenheit und Hingabe sind mir zu groß. Er führt keinen Kampf mehr für das Leben. Einem von uns hat er noch gesagt, dass es ihm leid tue, jetzt so sterben zu müssen und nicht damals vor einem Erschießungskommando. Er sehnt sich nach dem Ende, weil er sich nicht sicher ist, ob er inmitten der Banalitäten der Freiheit fähig sein wird, die jetzige Höhe seines Geistes- und Glaubenslebens beizubehalten. Die Nacht vom Samstag zum Sonntag wird furchtbar. Das Atmen fällt ihm immer schwerer. Gegen Morgen wird es still. Ich fühle den Puls. Das Herz schlägt nicht mehr.
Harry und Paul versorgen den Leichnam, was noch gerade möglich ist, denn wenige Minuten, nachdem wir den Wachtmeister informiert hatten, steht man schon vor der Tür, um ihn wegzuholen. Als Jan noch lebte, haben wir tagelang um ärztlichen Beistand betteln müssen, bis endlich Assistent Bolle einmal zur Untersuchung erschien.
Es war der 3. Dezember, als durch Jan Derks’ Tod unsere Gemeinschaft um eine Person verringert wurde. Einen Augenblick lang gibt es eine Leere, aber das Schicksal, das Jan Derks getroffen hat, bleibt in unserer Nähe. Erst jetzt offenbart sich uns das ganze Gewicht seiner Gegenwart und wir fühlen uns wie an die Wand gedrängte, armselige kleine Menschlein, abwartend, wer der nächste sein wird.“
Gruppenzugehörigkeit: Zuchthausgefangene / Hameln


