Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
2. Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln
Todesorte 2
2.4.2 Nach der Verschleppung aus dem Zuchthaus Hameln in andere Strafanstalten -
Andere Strafanstalten sowie Hinrichtungsstätten
Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg
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Renaux, Maurice
Belgier, wurde am 27. Januar 1903 in Antwerpen-Ekeren geboren. Der Fabrikant wohnte in Antwerpen, Avenue Margrave 118.
Maurice Renaux war als Widerstandskämpfer offenbar an vielen Sabotage- und Spionageaktivitäten für die Alliierten beteiligt. Aufgrund einer Denunziation nahm ihn die Geheimen Feldpolizei am 9. Oktober 1941 in seinem Haus in Antwerpen fest und brachten ihn noch am selben Tag in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles.
Der letzte Kontakt zu seiner Ehefrau datiert vom Dezember 1941. Sein „spurloses Verschwinden“ danach war die gewollte Folge des berüchtigten „Nacht- und Nebel“-Erlasses vom Dezember 1941.
Am 30. Januar 1942 wurde Maurice Renaux heimlich nach Deutschland verschleppt, in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln. Nach über acht Monaten in der Gewalt der Gestapo gehörte er am 17. Oktober 1942 zu einem Transport belgischer NN-Gefangener in das Gefängnis Bochum.
Am 22. Mai 1943 kam Maurice Renaux mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 12. Dezember wurde Maurice Renaux in das Strafgefangenenlager Esterwegen weiterverlegt. Hier verurteilte ihn das vor Ort tagende Sondergericht Essen zu „lebenslänglich“.
Seit Februar 1944 zählte Maurice Renaux zu den über 1500 NN-Häftlingen, die zwischen 1942 und 1945 im Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg strikt isoliert waren und überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten mussten.
Maurice Renaux erkrankte an Scharlach, konnte die Krankheit aber mit Hilfe eines belgischen Medizin-Studenten überwinden. Bis Ende 1943 soll er in einem (Zuchthausaußen-)Lager bei Königsberg/Neumark im Arbeitseinsatz gewesen sein, wo er sich eine schwere Lungenentzündung zuzog.
Als die deutsche Justiz die NN-Gefangenen im Herbst 1944 an die Gestapo auslieferte und die Rote Armee näher rückte, wurden Gefangene aus Sonnenburg in das KZ Sachsenhausen verschleppt, unter ihnen Maurice Renaux.
Mit Ankunft im Oktober 1944 kam er in das KZ-Außenlager der Heinkel-Flugzeugwerke in Oranienburg.
Am 17. Februar 1945, mithin Wochen vor der Räumung des KZ Sachsenhausen im April vor der Roten Armee, gehörte Maurice Renaux zu einem 300köpfigen Transport, der vom Lager Heinkel zum KZ Mauthausen bei Linz in Österreich abging. Die Häftlinge sollen in offenen Waggons eisiger Kälte ausgesetzt gewesen und kaum versorgt worden sein, sodass nur wenige lebend angekommen seien. Maurice Renaux soll zu den Opfern dieses Todestransports gehört haben.
Wenn hingegen die Datierung seines Todes auf März 1945 stimmte, wäre er kurz nach Ankunft in Mauthausen gestorben.
Salu, Pierre Josephe
Belgier, wurde am 23. August 1890 in Campenhout geboren. Der Drucker wohnte in Zelliek bei Brüssel, rue Isedor Crorkace 140.
Als Widerstandskämpfer am 25. August 1942 in Brüssel bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst im Gefängnis von Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Pierre Salu am 23. September 1942 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Bochum verschleppt. Der Berliner „Volksgerichtshof“ verurteilte ihn in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 26. Februar 1943 wegen „Feindbegünstigung“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen in diesem Prozess verurteilten Belgiern und Franzosen kam Pierre Salu wenig später aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Salu am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Wahrscheinlich seit November 1944 war Salu Häftling im KZ Sachsenhausen.
Pierre Josephe Salu starb – vermutlich im Februar/März 1945 – bei oder nach Räumung des KZ durch die SS.
Servayge, Antoon
Belgier, wurde am 7. August 1921 in Kortryk geboren. Der Schleifer wohnte in Moen, Statiestr. 7.
Als Widerstandskämpfer am 1. Juni 1942 in Brüssel bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst im Gefängnis von Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Antoon Servayge am 8. Oktober 1942 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt. Das Sondergericht Essen verurteilte ihn in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 17. Dezember 1942 wegen „verbotenen Waffenbesitzes“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen anderen kurz zuvor verurteilten Belgiern und Franzosen kam Antoon Servayge Anfang 1943 aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Servayge am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Vermutlich seit November 1944 war Antoon Servayge Häftling im KZ Sachsenhausen und bis zum 21. März 1945 im Außenlager Heinkel-Flugzeugwerke in Oranienburg im Arbeitseinsatz.
Antoon Servayge gehörte zu den Tausenden von Häftlingen, die den mörderischen Todesmarsch von Sachsenhausen in Richtung Parchim nicht überlebten.
Er starb im Mai 1945 in Wittstock. In einem provisorischen Lager im Belower Wald nahe der Stadt kamen binnen weniger Tage 700 bis 800 Menschen ums Leben. Daran erinnert heute vor Ort eine Gedenkstätte.
Spiessens, Hendrik
Belgier, wurde am 17. September 1902 in Hingene-Wintham geboren. Der Gärtner wohnte in Puurs bei Antwerpen, Kapelstr. 21.
Als Widerstandskämpfer am 17. Oktober 1941 in Puurs bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und bis zum 29. Juni 1942 in den Gefängnissen von Antwerpen und Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Hendrik Spiessens anschließend als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Wuppertal verschleppt. Der Berliner „Volksgerichtshof“ verurteilte ihn in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 26. Februar 1943 wegen „Feindbegünstigung“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen in diesem Prozess verurteilten Belgiern und Franzosen kam Hendrik Spiessens wenig später aus dem Gefängnis Wuppertal in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Spiessens am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Später führte sein Leidensweg zunächst wieder in westliche Richtung, offenbar in die Strafanstalt und Hinrichtungsstätte Wolfenbüttel. Aus Wolfenbüttel kommend traf Hendrik Spiessens am 13. April 1945 im weiter östlich gelegenen Zuchthaus Brandenburg ein.
Nach seiner Befreiung am 27. April 1945 wieder auf dem Weg nach Westen, starb Hendrik Spiessens im Mai 1945 in der Nähe von Magdeburg.
Spruyt, Henri
Belgier, wurde am 18. April 1918 in Vanvic in Frankreich geboren. Der Polizei-Offizier wohnte in Brüssel-Saint-Josse-Ten-Noode, rue de Scailquin 32.
Henri Spruyt war als Mitglied einer Vorläufergruppe der „armée secrète“, der größten, konservativen Widerstandsorganisation Belgiens, an Aktionen gegen die deutsche Besatzung beteiligt. Am 24. September 1941 nahm ihn die Geheime Feldpolizei fest und lieferte ihn in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles ein.
Am 30. Januar wurde Henri Spruyt heimlich nach Deutschland in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln verschleppt. In der Gewalt der Gestapo dürfte er mehrere Monate geblieben sein, bevor er in das Gefängnis Bochum gebracht wurde, womöglich wie andere Gefangene am 15. Oktober 1942.
Wohl noch 1942 dürfte ihn das Sondergericht Essen in einem Sammelprozess zu einer sicherlich mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt haben.
Insgesamt zählten sieben spätere Hamelner Gefangene zu den Verurteilten, die alle dem Brüsseler Widerstand angehörten. Einschließlich Henri Spruyt sollten fünf ihre Gefangenschaft nicht überleben (s. auch Namensartikel Dewael, Destaercke, Eysganck, und Vervust).
Aus Bochum kam Henry Spruyt vermutlich wie andere am 28. Mai 1943 in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland.
Henry Spruyt wurde am 6. Oktober 1943 – zusammen mit den anderen Verurteilten – in das Zuchthaus Hameln verlegt. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Nach wenigen Monaten wurde Henry Spruyt unter anderem mit den genannten Verurteilten in das Strafgefangenenlager Esterwegen zurückverlegt.
Im weiteren Verlauf des Jahres 1944 kam Henry Spruyt wie viele belgische Lagerinsassen in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg. Dort mussten zwischen 1942 und 1945 über 1500 strikt isolierte NN-Häftlinge überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Als die deutsche Justiz die NN-Gefangenen im Herbst 1944 an die Gestapo auslieferte und die Rote Armee näher rückte, wurde Louis Legal zusammen mit vielen anderen in das KZ Sachsenhausen verschleppt.
Henry Spruyt starb am 23. Februar 1945 im KZ Sachsenhausen.