Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

2.  Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln

     Todesorte 2

2.4.2  Nach der Verschleppung aus dem Zuchthaus Hameln in andere Strafanstalten -
 Andere Strafanstalten sowie Hinrichtungsstätten
 
 Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg

Seite 9 von 11 Seiten - 51 Einträge
 

van Acker, Alfred

Belgier, wurde am 1. August 1889 in Lokeren geboren. Der Postbeamte wohnte in Lokeren, Graendreef 144.
Als Widerstandskämpfer am 28. September 1942 in Lokeren bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst im Gefängnis von Gent festgehalten, wurde Alfred van Acker am 24. März 1943 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt und anschließend für mehrere Monate in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland.
Von dort kam Alfred van Acker über das Strafgefängnis Vechta zusammen mit zwei anderen belgischen NN-Gefangenen am 15. September 1943 in das Zuchthaus Hameln.
Der „Volksgerichtshof“ Berlin verurteilte van Acker in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 21. Oktober 1943 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Gemeinsam mit drei in diesem Prozess Verurteilten wurde Alfred van Acker am 26. Januar 1944 auf Transport in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg gesetzt. Offenbar erreichte er dieses Ziel wegen einer Krankheit nicht, denn am 5. Juni 1944 befand er sich im Krankenhaus Magdeburg-Altstadt. Hier oder im Zuchthaus Sonnenburg starb Alfred van Acker Ende 1944.

van Beneden, Hendrik Josef

Belgier, wurde am 23. April 1921 in Ruisbrock bei Antwerpen geboren. Der Monteur wohnte in Ruisbrock, Dorpstr. 23.
Im Oktober 1941 zusammen mit seinem Bruder (?) Frans als Widerstandskämpfer bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und bis zum 29. Juni 1942 in den Gefängnissen von Antwerpen und Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Hendrik van Beneden anschließend als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Wuppertal verschleppt. Der Berliner „Volksgerichtshof“ verurteilte ihn in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 26. Februar 1943 wegen „Feindbegünstigung“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen in diesem Prozess verurteilten Belgiern und Franzosen, darunter Frans van Beneden, kam Hendrik van Beneden wenig später aus dem Gefängnis Wuppertal in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern, darunter Frans van Beneden, wurde Hendrik van Beneden am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Hendrik van Beneden starb bald nach seiner Ankunft, Mitte August 1943, im Zuchthaus Sonnenburg.
Frans van Beneden starb mehr als ein Jahr später am 18. Dezember 1944 in der Strafanstalt Wolfenbüttel, in die er am 19. Mai 1943 oder später von Sonnenburg aus verlegt worden war.

Vanryckeghem, Oskar

Belgier, wurde am 11. Februar 1901 in Koekelare bei Diksmuide geboren. Der Landarbeiter war zwischenzeitlich in Berlin-Lichterfelde, Bollestr. 135, im Arbeitseinsatz.
Als Widerstandskämpfer 1941 oder 1942 bei „Nacht und Nebel“ verhaftet, wurde Oskar Vanryckeghem am 30. Juli 1942 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt. Das Sondergericht Essen verurteilte ihn am 17. Dezember 1942 wegen „verbotenen Waffenbesitzes“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Zusammen mit vielen anderen kurz zuvor verurteilten Belgiern und Franzosen kam Oskar Vanryckeghem Anfang 1943 aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Vanryckeghem am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Vermutlich seit November 1944 war Vanryckeghem Häftling im KZ Sachsenhausen und wohl im Außenlager Heinkel-Flugzeugwerke in Oranienburg im Arbeitseinsatz.
Oskar Vanryckeghem starb am 17. April 1945 im Außenlager Heinkel-Flugzeugwerke des KZ Sachsenhausen.

Verbeeck, Joseph

Belgier, wurde am 17. April 1890 in Willebroek bei Mechelen in Flandern geboren. Der Polizeibeamte wohnte in Willebroeck, Overwinningstraat 162. Er war verheiratet und hatte vier Kinder.
Als Widerstandskämpfer im Frühjahr 1942 verhaftet und zunächst vermutlich in einem deutschen Wehrmachtsgefängnis in Belgien festgehalten, wurde Joseph Verbeeck vor November 1942 heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Wuppertal verschleppt.
Das Sondergericht Essen verurteilte ihn am 30. November 1942 wegen verbotenen Waffenbesitzes zu drei Jahren Zuchthaus.
Zur „Strafverbüßung“ wurde Joseph Verbeeck aus dem Gefängnis Wuppertal am 13. Januar 1943 in das Zuchthaus Hameln überstellt. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Joseph Verbeeck am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg überführt. Dort saßen zwischen 1942 und 1945 über 1500 NN-Gefangene strikt isoliert ein und mussten überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Joseph Verbeeck starb am 24. Februar 1944 (oder 1. März 1944) im Zuchthaus Sonnenburg und wurde mit der Grab-Nr. 603 beerdigt.

Vermaesen, Jozef

Belgier, wurde am 16. Juli 1922 in Malderen geboren, gelegen in Flämisch-Brabant zwischen Antwerpen und Brüssel. Der Schüler wohnte in Malderen, Dorp 26.
Jozef Vermaesen war Mitglied einer regionalen Widerstandsgruppe, der „Schwarzen Hand“ (niederl.: „Zwarte Hand“ / franz.: “La Main Noire”). Diese entwickelte schon kurz nach der Okkupation, seit August 1940, im Raum Antwerpen-Brüssel vielfältige Aktivitäten, die von dem Anbringen von Wandinschriften und Verteilen von Flugblättern gegen die NS-Besatzung bis hin zu kleineren Sabotageaktionen und Spionage für die Alliierten reichten. Im Herbst 1941 konnte die Besatzungsmacht die Gruppe zerschlagen und viele Mitglieder verhaften, ermöglicht teils durch Verrat, teils durch Aussagen, die durch Folter erzwungen worden waren.
Jozef Vermaesen war unter anderem an der Verbreitung von besatzerfeindlichen Flugschriften beteiligt. Er wurde am 27. Oktober 1941 festgenommen und vermutlich über das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles – zusammen mit Jozef Maris, Hendrik Spiessens sowie Frans und Hendrik Jozef van Beneden (s. deren Namensartikel) und weiteren Mitgliedern der Gruppe – heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Wuppertal verschleppt.
Vor dem vor Ort tagenden „Volksgerichtshof“ Berlin kam es zu einem Massenprozess gegen die „Schwarze Hand“. Dieses höchste NS-Gericht zog nur „schwere Fälle“ der NN-Verfahren an sich. Es verurteilte Jozef Vermaesen am 15. Januar 1943 wegen „Zuwiderhandlung gegen Verbote der Besatzungsmacht“ zu sieben Jahren Zuchthaus.
Während führende „Schwarze Hand“-Mitglieder in das Strafgefangenenlager Esterwegen kamen und dort ermordet wurden, gehörten Jozef Vermaesen und acht weitere Mitglieder zu einer Gruppe von 20 verurteilten NN-Gefangenen aus Wuppertal, die am 17. und 24. Februar 1943 im Zuchthaus Hameln eintraf. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Drei Monate später, am 19./20. Mai 1943, wurden Jozef Vermaesen und die anderen Gruppenmitglieder in einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg überführt. Dort saßen zwischen 1942 und 1945 über 1500 NN-Gefangene strikt isoliert ein und mussten überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Jozef Vermaesen starb im Mai 1944 im Zuchthaus Sonnenburg an körperlicher Erschöpfung.
Von den „Schwarze Hand“-Mitgliedern im Zuchthaus Hameln kamen die vier namentlich genannten ebenfalls ums Leben, davon zwei in Sonnenburg. Insgesamt sollen knapp zwei Drittel von über 100 verschleppten Mitgliedern ihren Widerstand mit dem Leben bezahlt haben.