Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

2.  Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln

     Todesorte 2

2.4.2  Nach der Verschleppung aus dem Zuchthaus Hameln in andere Strafanstalten -
 Andere Strafanstalten sowie Hinrichtungsstätten
 
 Strafgefangenenlager Esterwegen

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Bayez, Roger

Belgier, wurde am 4. Mai 1920 in Brüssel-Molenbeek-St.Jean geboren. Der Student wohnte in Brüssel, Avenue F. Bechalier.
Als Widerstandskämpfer am 6. Dezember 1942 bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst im zentralen deutschen Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Roger Bayez am 1. März 1943 heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Roger Bayez mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 26. Januar 1944 wurde er in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt. Damit teilte er das Schicksal von mehr als 50 Männern des NN-Transportes vom 22. Mai 1943, die zumeist Anfang 1944 von Hameln nach Esterwegen kamen.
Später war Roger Bayez Insasse des KZ Sachsenhausen.
Möglicherweise wurde er im April 1944 wie viele NN-Gefangene aus Esterwegen zunächst auf Transport in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg gesetzt. Dort saßen zwischen 1942 und 1945 über 1500 NN-Gefangene strikt isoliert ein und mussten überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Als die deutsche Justiz die NN-Gefangenen im Herbst 1944 an die Gestapo auslieferte und die Rote Armee näher rückte, könnte Roger Bayez mit vielen anderen Sonnenburger Häftlingen in das KZ Sachsenhausen verschleppt worden sein.
Roger Bayez starb am 15. Februar 1945 im KZ Sachsenhausen.

Beerlant, Franciscus

Belgier, wurde am 30. März 1905 in Oostende, Westflandern, geboren. Der Elektriker wohnte in De Panne, Westflandern, Koninginnelaan 74.
Als Widerstandskämpfer vermutlich 1942 bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und in einem deutschen Wehrmachtsgefängnis in Belgien festgehalten, wurde Franciscus Beerlant heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Franciscus Beerlant mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 21. Januar 1944 wurde er in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt.
Franciscus Beerlant erlebte 1945 noch die Befreiung, vermutlich schwerkrank, denn er wurde offenbar nach Samaden (Samedan) im schweizerischen Engadin gebracht, Standort eines Krankenhauses.
Franciscus Beerlant starb in Samaden nach der Befreiung 1945. Das genaue Todesdatum ist bislang nicht ermittelt.

Diseur, Leon

Belgier, wurde am 23. März 1923 in Brüssel-St. Gilles geboren. Der Student wohnte in Brüssel-Schaerbeek, rue Guido Gezelle 31.
Als Mitglied einer Brüsseler Widerstandsgruppe war Leon Diseur 1941 an einem Anschlag auf ein Munitionsdepot der Wehrmacht beteiligt. Daraufhin nahm ihn die Geheime Feldpolizei am 14. Oktober 1941 in seiner Wohnung fest und sperrte ihn in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles.
Am 30. Januar 1942 wurde Leon Diseur heimlich, bei „Nacht und Nebel“, nach Deutschland in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln verschleppt. Dort musste er über acht quälend lange Monate bleiben, bevor er am 15. Oktober 1942 – mit drei oder mehr späteren belgischen NN-Gefangenen des Zuchthauses Hameln – in das Untersuchungsgefängnis Bochum gebracht wurde.
Am 22. Mai 1943 wurde Leon Diseur mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln verlegt. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 19. Januar 1944 wurde Leon Diseur in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt.
Damit teilte er das Schicksal von mehr als 50 Männern des NN-Transportes vom 22. Mai 1943, die zumeist Anfang 1944 von Hameln nach Esterwegen kamen.
Spätestens jetzt wird Leon Diseur vor dem (vor Ort tagenden) Sondergericht Essen gestanden haben. Es verurteilte ihn zu zwei Jahren Zuchthaus wegen Mitgliedschaft in einer illegalen Organisation.
Im weiteren Verlauf des Jahres 1944 lieferte die NS-Justiz NN-Gefangene an die Gestapo aus, so auch Leon Diseur.
Die Gestapo verschleppte ihn über das Gefängnis Lingen, wo er am 15. Mai 1944 einsaß, in das KZ Sachsenhausen und von dort am 9. Februar 1945 weiter in das KZ Bergen-Belsen.
Leon Diseur kam am 3. März 1945 im KZ Bergen-Belsen um.

Doom, Jan (Dom, Jean)

Belgier, wurde am 21. Mai 1902 in Antwerpen geboren. Der Schlosser wohnt in Brüssel-Schaerbeek, rue de Palais 151-153.
Jan Doom soll seit Juni 1941 einer Widerstandsgruppe angehört haben. Er verteilte die konservative Untergrundzeitung „La Libre Belgique“ und war an einem Anschlag auf ein Waffendepot der deutschen Besatzungsmacht beteiligt. Am 23. September 1941 wurde er in Schaerbeek festgenommen und in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles gesperrt.
Wohl Anfang 1942 – womöglich wie andere NN-Gefangene, die später in Hameln waren, am 30. Januar – wurde Jan Doom heimlich, bei „Nacht und Nebel“, nach Deutschland in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler bei Köln verschleppt. In der Gewalt der Gestapo dürfte er mehrere Monate geblieben sein, bevor er in das Gefängnis Bochum gebracht wurde, womöglich wie andere Gefangene am 15. Oktober 1942.
Am 22. Mai 1943 kam Jan Doom mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Am 22. April 1944 wurde Jan Doom in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, verschleppt. Damit teilte er das Schicksal von mehr als 50 Männern des NN-Transportes vom 22. Mai 1943, die zumeist Anfang 1944 von Hameln nach Esterwegen kamen.
Spätestens jetzt wird Jan Doom vom vor Ort tagenden Sondergericht Essen verurteilte worden sein, vermutlich zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe.
Jan Doom starb am 3. März 1945 im Strafgefangenenlager Esterwegen.
Laut Mitteiliung der Gedenkstätte Esterwegen (email vom 23.5.2018) verstarb Jan Doom bereits am 7. März 1944 im Strafgefangenenlager Esterwegen (Kreisarchiv Esterwegen Rep. 500 Nr. 1210-031 / Standesamt Esterwegen, Sterberegister). Danach wurde Jan Doom früher als oben angegeben nach Esterwegen verschleppt.

Eysganck, Constant

Belgier, wurde am 22. Januar 1921 in Brüssel geboren. Der Angestellte wohnte in Brüssel, rue de Louvain 68a.
Constant Eysganck war seit Juni 1941 Mitglied der „groupe grenadier“, einer Vorläufergruppe der „armée secrète“, der größten, konservativen Widerstandsorganisation Belgiens. Am 24. September 1941 nahm ihn die deutsche „Sicherheitspolizei“ (SiPo-SD) mit anderen Gruppenmitgliedern fest und lieferte ihn in das zentrale deutsche Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles ein.
Am 30. Januar 1942 wurde Constant Eysganck heimlich nach Deutschland in ein Kölner Gefängnis transportiert, vermutlich in das Gestapo-Gefängnis Brauweiler. Anschließend – am 15. Oktober 1942 ? – kam Constant Eysganck in das Gefängnis Bochum und von dort womöglich am 28. Mai 1943 in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland.
Wohl schon 1942 hatte ihn das Sondergericht Essen in einem Sammelprozess zu einer vermutlich mehrjährigen Freiheitsstrafe verurteilt.
Insgesamt zählten sieben spätere Hamelner Gefangene zu den Verurteilten, die alle dem Brüsseler Widerstand angehörten. Einschließlich Eysganck sollten fünf ihre Gefangenschaft nicht überleben (s. auch Namensartikel Dewael, Destaercke, Spruyt und Vervust).
Constant Eysganck wurde am 6. Oktober 1943 – zusammen mit den anderen Verurteilten – aus Esterwegen in das Zuchthaus Hameln verlegt. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Nach wenigen Monaten, am 12. Januar 1944, wurde Constant Eysganck – unter anderem mit den genannten Verurteilten – in das Strafgefangenenlager Esterwegen zurückverlegt.
Im Herbst 1944 lieferte die Justiz NN-Gefangene vermehrt an die Gestapo aus, so auch Constant Eysganck im September 1944.
Für ihn begann eine Odyssee durch mehrere KZs, die er nicht überlebte:
Über das Gefängnis Lingen am 1. September 1944 in das KZ Natzweiler im Elsaß, am 6. September in das KZ Dachau und womöglich am 13. Dezember 1944 in das KZ Buchenwald sowie möglicherweise am 20. Februar 1945 in das KZ Sachsenhausen.
In Buchenwald bzw. auf dem Transport nach Sachsenhausen verliert sich seine Spur; festhalten lässt sich lediglich, dass Constant Eysganck zur Jahreswende 1944/45 umgekommen ist.