Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

2.  Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln

     Todesorte 2

2.4.2  Nach der Verschleppung aus dem Zuchthaus Hameln in andere Strafanstalten -
 Andere Strafanstalten sowie Hinrichtungsstätten
 
 Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg

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Bernard, Florentin

Franzose, wurde am 23. September 1906 in St. Omer geboren. Der Kohlenarbeiter wohnte in Roubaix, rue Meyertoux 6.
Als Widerstandskämpfer vermutlich 1942 bei „Nacht und Nebel“ verhaftet, wurde Florentin Bernard 1943 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Bernard mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Am 23. Juli 1944 wurde er von der Polizei Hameln abgeholt und in die Untersuchungshaftanstalt Essen überführt, womöglich um ihn wie viele andere NN-Gefangene durch das Sondergericht Essen zu einer langjährigen Freiheitsstrafe verurteilen zu lassen. Anschließend dürfte Bernard in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg gebracht worden sein.
Später war er Häftling im KZ Sachsenhausen, vermutlich seit November 1944.
Florentin Bernard starb am 4. Januar 1945 im KZ Sachsenhausen.

Briquet, Pierre

Belgier, wurde am 27. August 1921 in Brüssel-Etterbeek geboren. Der Student wohnte in Namur.
Als Widerstandskämpfer bei „Nacht und Nebel“ am 7. August 1942 in Namur verhaftet und zunächst im Gefängnis Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Pierre Briquet heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Pierre Briquet mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Am 23. Februar 1944 wurde Briquet in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, gebracht, vermutlich um vom dort tagenden Berliner „Volksgerichtshof“ abgeurteilt zu werden.
Im weiteren Verlauf des Jahres 1944 kam Pierre Briquet wie andere belgische Lagerinsassen in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg.
Später wurde Briquet – womöglich im Zuge eines Todesmarsches in Richtung Westen Anfang 1945 und mit Zwischenstation im KZ Sachsenhausen – in das KZ Mauthausen verschleppt.
Pierre Briquet kam am 4. März 1945 im KZ Mauthausen ums Leben.

Calle, Edouard

Belgier, wurde am 19. Januar 1911 in St. Amandsberg geboren. Der Gastwirt wohnte in Lokeren, Markt 33.
Als Widerstandskämpfer am 26. September 1942 bei „Nacht und Nebel“ verhaftet und zunächst im Gefängnis von Gent festgehalten, wurde Edouard Calle am 24. März 1943 als NN-Gefangener heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt.
Edouard Calle gehörte einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus dem Gefängnis Bochum an, der am 22. Mai 1943 im Zuchthaus Hameln eintraf.
Der „Volksgerichtshof“ Berlin verurteilte Calle in einem Massenprozess gegen Widerstandskämpfer am 21. Oktober 1943 wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ zu einer hohen Freiheitsstrafe.
Gemeinsam mit drei im selben Prozess verurteilten Belgiern wurde Eduard Calle am 26. Januar 1944 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg verlegt.
Eduard Calle starb vermutlich im August 1944 im Zuchthaus Sonnenburg.

Campion, Leon

Belgier, wurde am 17. August 1902 in Bruzet bei Nivelles in Wallonisch-Brabant südlich von Brüssel geboren. Der Buchhalter wohnte in Brüssel-Evere, Avenue Pater Damian 43. Er war verheiratet und hatte ein Kind.
Als Widerstandskämpfer bei „Nacht und Nebel“ Anfang 1942 verhaftet und zunächst vermutlich im zentralen deutschen Wehrmachtsgefängnis Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Leon Campion heimlich nach Deutschland in das Gefängnis Bochum verschleppt.
Wegen Spionage verurteile ihn der vor Ort tagende Berliner „Volksgerichtshof“ am 26. Februar 1943 zu zwölf Jahren Zuchthaus. Das höchste NS-Gericht war insbesondere für „schwere Fälle“ zuständig.
Zur 'Strafverbüßung' wurde Leon Campion nach einem Monat, am 24. März 1943, zunächst in das Zuchthaus Hameln verlegt. Für NN-Gefangene bestand auch in Hameln eine strenge Isolationshaft mit Informations- und Kontaktverbot.
Mit einem Sammeltransport von 80 vor allem belgischen Widerstandskämpfern wurde Leon Campion am 19./20. Mai 1943 in das Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg überführt. Dort saßen zwischen 1942 und 1945 über 1500 NN-Gefangene strikt isoliert ein und mussten überharte, für viele zum Tod führende Zwangsarbeit leisten.
Leon Campion starb am 10. August 1944 im Zuchthaus Sonnenburg.

Claes, Eugen

Belgier, wurde am 17. Juli 1905 in Brüssel-Ixelles geboren. Der Angestellte wohnte in Brüssel-Etterbeek, rue Ph. Baucq 90.
Als Widerstandskämpfer bei „Nacht und Nebel“ am 29. Oktober 1941 in Brüssel verhaftet und zunächst vermutlich im Gefängnis Brüssel-St. Gilles festgehalten, wurde Eugen Claes heimlich nach Deutschland in das Untersuchungsgefängnis Bochum verschleppt.
Am 22. Mai 1943 kam Claes mit einem großen Sammeltransport von 150 NN-Gefangenen aus Bochum in das Zuchthaus Hameln.
Am 12. Januar 1944 wurde Eugen Claes in das Strafgefangenenlager Esterwegen, eines der KZ-artigen Moorlager im Emsland, gebracht, vermutlich um vom Sondergericht Essen oder vom Berliner „Volksgerichtshof“ abgeurteilt zu werden.
Dass Claes im weiteren Verlaufe des Jahres 1944 in das Zuchthaus Sonnenburg (oder das Zuchthaus Groß Strehlitz) verschleppt wurde, ist wahrscheinlich, da die meisten belgischen Lagerinsassen nach Osten „evakuiert“ wurden.
Eugen Claes war gegen Kriegsende Häftling im KZ Langenstein-Zwieberge, einem Außenlager des KZ Buchenwald südlich von Halberstadt; dorthin war er vermutlich im Zuge eines Todesmarsch nach Westen Anfang 1945 gelangt.
Eugen Claes starb kurz nach der Befreiung, am 19. Mai 1945 im vormaligen KZ Langenstein.