Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

Einführung zu den Opfergruppen
 

Kapitel 2

Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln

Todesorte 2: Nach der Verschleppung aus Hameln in andere Strafanstalten

Nach derzeitigem Forschungsstand (Januar 2016) kamen 378 vormalige Häftlinge des Zuchthauses nach ihrer Verschleppung aus Hameln an anderen Orten ums Leben. 208 Männer kamen als Gefangene von Polizei, Gestapo und SS in Ghettos, Konzentrationslagern, „Arbeitserziehungslagern“ und anderen Hafteinrichtungen zu Tode.

170 Häftlinge kamen in Strafanstalten der Justiz ums Leben, in Celle, Esterwegen,Sonnenburg, Groß Strehlitz, Dortmund, Köln, Brandenburg, Wolfenbüttel u.a.m. Die Zahl wird voraussichtlich noch höher liegen, wenn das Ergebnis weiterer Recherchen vorliegt.

Abgesehen von den in das Zuchthaus Celle verbrachten Männern handelt es sich fast ausschließlich um „Nacht- und Nebel“-Gefangene (NN-Gefangene). Die überwiegende Mehrzahl stammte aus Belgien, einige aus Frankreich und einzelne aus den Niederlanden. NN-Gefangene wurden seit 1943 auch nach Hameln verschleppt. So kamen am 22. Mai per Sammeltransport 150 Mann aus dem Untersuchungsgefängnis Bochum.

Seit Dezember 1941 galt in den Niederlanden sowie in Belgien, Frankreich und Norwegen die Verordnung, dass Zivilpersonen, die der deutschen Besatzungsmacht Widerstand leisteten, vor Ort nur dann vor Gericht zu stellen seien, wenn die Todesstrafe wahrscheinlich sei und die Hinrichtung innerhalb einer Woche nach Verhaftung durchgeführt werden könne.

Fehlten diese Voraussetzungen – was häufig der Fall war –, so war die „Nacht- und Nebel“-Verordnung anzuwenden. Festnahmen sollten ohne Benachrichtigung der Angehörigen und einheimischer Behörden erfolgen; die Verhafteten waren einer totalen Informations- und Kontaktsperre zu unterziehen und heimlich nach Deutschland zu deportieren. Hier wurden sie an die Gestapo ausgeliefert oder in Strafanstalten wie dem Zuchthaus Hameln bzw. Straflagern festgehalten, vorrangig dem in Esterwegen. Prozesse und Verurteilungen (in der Regel entweder zum Tode oder zu hohen Freiheitsstrafen) schlossen sich an.

Aus der Strafhaft Entlassene wurden der Gestapo übergeben und in der Regel in ein KZ verschleppt. Ab September 1944 sollte die Justiz NN-Gefangene generell an die Gestapo und damit in KZs ausliefern.
 

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