Die Dokumentation der Opfer der NS-Herrschaft
in der Stadt Hameln und im Landkreis Hameln-Pyrmont
 

Einführung zu den Opfergruppen
 

Kapitel 2

Die Opfer unter den Gefangenen des Zuchthauses Hameln

Todesorte 2: Nach der Verschleppung aus Hameln in andere Strafanstalten

Andere Strafanstalten sowie Hinrichtungsstätten

Strafgefangenenlager Esterwegen

In diesem KZ-ähnliche Lager der Justizverwaltung bei Papenburg im abgelegenen Emsland wurden ab Mai 1943 und bis Frühjahr 1944 die weitaus meisten NN-Gefangenen konzentriert (rd. 2700). Aus dem Zuchthaus Hameln kamen 49 Belgier und sechs Franzosen zumeist Anfang 1944 nach Esterwegen; nach nur kurzem Aufenthalt wurde die Mehrzahl – wie die meisten Esterweger NN-Gefangenen – auf Transport in das Zuchthaus Groß Strehlitz gezwungen und auch in das Zuchthaus Sonnenburg. Eine Minderheit blieb in Esterwegen oder wurde in ein KZ verschleppt. Zwei Belgier kamen in Esterwegen um, einer starb nach der Befreiung, sieben weitere Belgier wurden im KZ umgebracht.

 

Zuchthaus Sonnenburg/Neumark in Ostbrandenburg

Aus abgeurteilten NN-Gefangenen bestand ein 80köpfiger Transport zumeist belgischer Widerstandskämpfer, der am 19./20. Mai 1943 zum Zuchthaus Sonnenburg führte; einige folgten später nach, teils mit Zwischenstation im Strafgefangenenlager Esterwegen.

Für mindestens 50 Belgier und einen Franzosen war die Verlegung nach Sonnenburg eine Fahrt in den Tod. 19 Männer starben im Zuchthaus, einige dürften zu den über 800 Sonnenburger Gefangenen gehört haben, die im Januar 1945 von der SS massakriert wurden, um sie der Roten Armee nicht lebend in die Hände fallen zu lassen.

Die anderen starben nach ihrer Verschleppung in Konzentrationslager und auf Todesmärschen.
 

Zuchthaus Groß Strehlitz in Oberschlesien

54 Belgier, 15 Franzosen und ein Niederländer aus dem NN-Transport vom 22. Mai 1943 wurden, nachdem sie knapp ein Jahr im sog. Zellenflügel des Zuchthauses in strenger Isolation gehalten worden waren, am 29. April 1944 ins oberschlesische Zuchthaus Groß Strehlitz verlegt, den zentralen Zielort für NN-Verschleppte seit Frühjahr 1944 und bis zur Deportation in KZs im Herbst 1944.

Ein anderer Teil des NN-Transportes vom Mai 1943 wurde zunächst in das Strafgefangenenlager Esterwegen gebracht und im Frühjahr 1944 ebenfalls nach Groß Strehlitz.

Den noch nicht Verurteilten machte das Sondergericht Oppeln den Prozess.

Die Insassen des Zuchthauses Groß Strehlitz wurden im Oktober 1944 an die Gestapo ausgeliefert und in das KZ Groß Rosen und andere KZs verschleppt.

41 vormalige Häftlinge des Zuchthauses Hameln, 39 Belgier und zwei Franzosen, überlebten dies nachweislich nicht. Mindestens 18 starben im KZ Groß Rosen, das sie nach einem mörderischen Todesmarsch von Groß Strehlitz am 31. Oktober 1944 erreicht hatten, die anderen auf oder nach Todesmärschen in Richtung Westen im Frühjahr 1945.


 

Gefängnis und Hinrichtungsstätte Dortmund bzw. Köln

39 belgische und vier französische NN-Gefangene wurden Anfang 1944 aus dem Zuchthaus Hameln in das Strafgefangenenlager Esterwegen verlegt, um dort von den beiden „zuständigen“ Gerichten, dem Sondergericht Essen oder dem Berliner „Volksgerichtshof“, abgeurteilt zu werden. Fünf Männer wurden zum Tode verurteilt und in den Hinrichtungsstätten der Gefängnisse Köln-Klingelpütz und Dortmund getötet.
 

Zuchthaus und Hinrichtungsstätte Brandenburg

Ein Transport mit 21 belgischen Widerstandskämpfern aus dem Zuchthaus Hameln erreichte am 9. November 1943 das Zuchthaus Brandenburg. Die Männer sollten dort innerhalb der nächsten Wochen mit dem Fallbeil getötet werden. Zehn von ihnen gehörten dem ersten und größten 150köpfigen Sammeltransport von NN-Gefangenen aus den Niederlanden, Belgien und Frankreich an, der am 22. Mai 1943 aus dem Untersuchungsgefängnis Bochum in Hameln eingetroffen war Die anderen kamen aus dem Strafgefangenenlager Esterwegen im Emsland über das Gefängnis Vechta nach Hameln.

Die 21 Männer wurden in Hameln – wie für NN-Gefangene allgemein angeordnet – in strenger Isolationshaft im sog. (Einzel-)Zellenflügel des Zuchthauses gehalten. Aus Hameln wurden sie zum Prozess vor dem Berliner „Volksgerichtshof“ gebracht, der sie am 20., 21. und 22. Oktober 1943 wegen „Feindbegünstigung“ und „Freischärlerei“ zum Tode verurteilte. Anschließend wurden sie für wenige Tage nach Hameln zurückverlegt.

Mindestens drei weitere Belgier wurden zu einem späteren Zeitpunkt verurteilt und ebenfalls in Brandenburg hingerichtet.
 

Strafanstalt und Hinrichtungsstätte Wolfenbüttel

Zwei deutsche Gefangene des Hamelner Zuchthauses wurden zur Hinrichtung in die Strafanstalt Wolfenbüttel verlegt und dort mit dem Fallbeil getötet. Ein belgischer NN-Gefangener starb ebenfalls in Wolfenbüttel; für seine Hinrichtung gibt es allerdings keinen Beleg.

Für Februar/März 1945 war geplant, eine große Gruppe niederländischer NN-Gefangener aus dem Zuchthaus Hameln zur Exekution nach Wolfenbüttel zu schaffen. Das scheiterte nur daran, dass kein Zug mehr die Stadt verlassen konnte, weil der Hamelner Bahnhof mitsamt den Gleisanlagen in der Nacht zuvor durch Bombenangriffe weitgehend zerstört worden war.
 

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