Kalenderblatt - Das Goltzhaus

26. April 1913 - Einweihung des Goltzhauses

Im April 1913 wurde das Haus im Rahmen eines Festaktes im Beisein des Vorsitzenden des Jungdeutschlandbundes und Namensgebers, Feldmarschall Freiherr Colmar von der Goltz, seiner Bestimmung übergeben. Die Ortsgruppe Hameln unter der Führung von Hauptmann Erwin Karwiese konnte sich im Rahmen einer zweitägigen Festveranstaltung als erste in ganz Deutschland vorstellen, „die sich ein stattliches eigenes Heim hat schaffen können“. Die Einweihung des „Goltzhauses“ in der Bennigsenstraße 5 wurde an zwei Tagen mit großem Aufgebot gefeiert. 

Am 26. April wurde der Vorsitzende des Jungdeutschlandbundes, Generalfeldmarschall Colmar Freiherr von der Goltz, mit einer Ehrenformation am Bahnhof empfangen. Anschließend fuhr er mit Gefolge in fünf „prächtigen neuen Automobilen“, die von den hiesigen Norddeutschen Automobilwerken, zur Verfügung gestellt worden waren, durch die beflaggte Stadt zu einem Besuch des „Waldhauses“ in Laatzen. Am Abend fand die Aufführung des vaterländischen Schauspiels „Cord Meier, der Schäferjunge aus Segelhorst“ im Monopolsaal statt.

Der zweite Festtag begann mit einem „Festgottesdienst“ im Münster mit einer Predigt von Senior Stünkel. Danach marschierte die Festgemeinde zur „Heerschau über den Bezirksverband“ in die Kaserne des 2. Bataillons. Die Spitzen des Jungdeutschlandbundes, neben dem Vorsitzenden Generalfeldmarschall von der Goltz, sein Erster Geschäftsführer Generalmajor Jung, der Vorsitzende für die Provinz Hannover, General Pawlowski, und der kommandierende General des X. Armeekorps, General von Emmich, gaben sich die Ehre vor den „Spitzen der königlichen und städtischen Behörden, des Offizierskorps des Regiments, der Offiziere des Beurlaubtenstandes und einer Anzahl von Persönlichkeiten aus den größeren, zum Bezirksverband gehörigen Orte“. Aufstellung genommen hatten rund 1.200 Mitglieder des Bezirksverbandes. Die freie Südseite des Rechtecks „säumte eine dichte Reihe von Zuschauern, unter denen die Damenwelt stark vertreten war“.

Nach der Übergabe einer neuen Fahne an die Ortsgruppe Hameln hielt der Vorsitzende von der Goltz eine Rede, in der er die Bedeutung des Jungdeutschlands hervorhob und betonte, „daß die jungen Leute in den Ortsgruppen zur Vaterlandsliebe und Pflichttreue erzogen würden und daß daneben aber auch die Stählung und Kräftigung des Körpers betrieben würden, um Jungdeutschland fähig zu machen, die Strapazen des Soldatenlebens zu ertragen und das Vaterland im Notfalle wirksam zu verteidigen“. Nach dem abschließenden Parademarsch wurde die Festgesellschaft am „Goltzhaus“ von Bürgermeister Meyer begrüßt, der auf die volle Unterstützung durch die städtischen Collegien hinwies.

Der Bund Jungdeutschland nutzte das Goltzhaus nur bis zum Beginn des Ersten Weltkrieges, blieb aber noch bis 1926 Eigentümer, danach übernahm es die „Deutsche Kriegerwohl-Gemeinschaft“ im Kyffhäuserbund, der den Jungdeutschland bereits seit dessen Gründung finanziell unterstützt hatte. Die Kyffhäuser Jugendgruppen im Landwehrverband Südhannover-Braunschweig hatten ab 1928 auch in Hameln eine eigene Jugendabteilung mit vier Kameradschaften aufgebaut, die 1933 „gleichgeschaltet“ und in die Hitlerjugend überführt wurde.

Ab 1941 war das Goltzhaus Sitz der NSDAP-Kreisleitung und wurde auch als Heim für das „Karl-Dincklage-Werk“ genutzt, das 1940 von NS-Gauleiter Hartmann Lauterbacher als Hilfsinstitution für die Versorgung an der Front und im Land eingesetzter Soldaten und deren Angehörigen gegründet worden war.   1945 beschlagnahmte die britische Militärregierung das Haus Bennigsenstr. 5 als Amtssitz für den Stadtkommandanten. Bis 1955 war das Bronzemedaillon mit dem Porträt des GFM von der Goltz zugedeckt – immerhin hatte dieser als Kommandeur der 6. türkischen Armee 1916 die englischen Truppen in der Festung Kut-el-amara am Euphrat zur Kapitulation gezwungen.

Ab 1956 hat die Kreisverwaltung Hameln-Pyrmont die Amtsräume genutzt, u.a. für das Ausländeramt. Seit 2006 ist das Haus in Privateigentum.

 
Autor: Wilfried Altkrüger
 

Quellen:

„Jungdeutschland – Bezirksverband Hameln“, Festschrift zur Einweihung des Goltzhauses in Hameln durch seine Exzellenz, den Herrn Generalfeldmarschall Freiherr von der Goltz
am 27. April 1913.
DWZ vom 29.4.1913

 
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