Orte der Erinnerung für die Opfer des Nationalsozialismus
im Kreis
Hameln-Pyrmont und angrenzenden Orten
Bad Pyrmont
Texte und Fotos: Bernhard Gelderblom
Jüdischer Friedhof Bombergallee
Foto 2002
Friedhof Bombergallee
Lage und Größe: | Bombergallee (im Stadtzentrum);
1252 qm |
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Bestand an Steinen: | 79 Steine (1889 bis 1932) |
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Daten zur Geschichte: | um 1788 gegründet (Geschenk
des Fürsten Friedrich zu Waldeck-Pyrmont) 1832 durch Ankauf auf 1252 qm erweitert 1934 durch den Bürgermeister Zuchold eigenmächtig geschlossen; Einrichtung einer Ersatzfläche Am Helsen 1938 in der Pogromnacht zerstört und eingeebnet 1946 Errichtung eines öffentlichen Parks auf dem Gelände des Friedhofes durch die Stadt Bad Pyrmont unter Verwendung von 22 Grabsteinen seit 1996 Ausgrabungen, u.a. durch den Arbeitskreis Jüdischer Friedhof, die insgesamt 57 Steine zu Tage fördern 1997 Rückübereignung der gesamten Friedhofsfläche durch die Stadt an den LV |
Tafel auf dem jüdischen Friedhof an der Bombergallee
Foto 2002
Der Text der Tafel lautet:
Jüdischer Friedhof Bad Pyrmont – nachweisbar seit 1788 – Bis zur Schließung in der Pogromnacht 1938 standen hier etwa 200 Grabsteine. Danach ordnete Bürgermeister Zuchold die „Einebnung“ des Friedhofes an. Nahezu 120 Steine wurden zu Straßenschotter zerschlagen und in der Gustav-Beermann-Straße als Packlage verarbeitet. Die restlichen Steine auf dem Friedhof wurden umgestürzt, zum Teil zerschlagen und mit Erde bedeckt. 1948 stellte man 22 Grabsteine wieder auf, aber nur die zwei jüngsten Steine von 1928 und 1932 blieben auf ihrer ursprünglichen Grabstätte. Die Stadt errichtete den Gedenkstein.
In diesem Zustand blieb der Friedhof bis Juli 1996. Bis November 1997 wurden weitere 57 vergrabene Steine des Friedhofes aufgefunden und wieder aufgestellt. Insgesamt sind es nun 79 Steine.
Die nach Südosten ausgerichteten Grabsteine stehen an ihren ursprünglichen Standorten, alle anderen konnten nur symbolisch wieder aufgestellt werden.
Dieser Friedhof ist ein Ort des Gedenkens und der
Besinnung. Wahret seine Würde.
Text: | Heinrich Rostmann |
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Auftraggeber: | Stadt Bad Pyrmont |
Jüdischer Friedhof Am Helsen
Foto 1989
Friedhof Am Helsen | weit außerhalb der Stadt in
Richtung Norden; 400 qm |
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Bestand an Steinen: | 4 Steine (1935 bis 1937) |
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Daten zur Geschichte: | 1934 neu angelegt als Ersatz
für den von der Stadt geschlossenen Friedhof an der Bombergallee 1938 Entfernung der Steine nach 1945 Wiederherstellung |
Die am 8. September 2021 auf dem Friedhof Am Helsen eingeweihte Erinnerungstafel.
Foto 2021
Das Tafelprojekt war eine Initiative der UNESCO-Projektschule GHS Herderschule Bad Pyrmont. Die fachliche Unterstützung erfolgte durch den Historiker Bernhard Gelderblom.
Das Gebäude der ehemaligen Synagoge
In einem umgebauten Gebäude des Bauernhofes Steinmeyer, heute Bathildisstraße 27 - Ecke Scharrenweg, befand sich seit 1817 die Synagoge und außerdem ein Schulraum samt Lehrerwohnung.
Die Synagoge Pyrmont (ohne Datum; Quelle: Menschen wie du
und ich)
Im Spätsommer 1938 wurde öffentlich, dass die Gemeinde beabsichtigte, das Gebäude zu verkaufen. Die Angebote sollten bis zu einem bestimmten Tag im September 1938 eingehen, wobei als Käufer ein Mitglied der NSDAP möglichst nicht in Frage kommen sollte. Der Tischlermeister Wilhelm Sauermann bekam schließlich den Zuschlag, nachdem ihn kurz vor Ablauf der Angebotsfrist der Vorsteher der jüdischen Gemeinde, Max de Haas, gebeten hatte, das bisherige Höchstgebot (6500 RM) zu überbieten. Wilhelm Sauermann hatte in dieser Zeit der jüdischen Gemeinde geholfen, indem er Särge für verstorbene Juden zimmerte.
Rekonstruktionszeichnung der Westansicht der ehemaligen
Synagoge Pyrmont, Fachgebiet Baugeschichte der
TU Braunschweig
In der Pogromnacht vom 9. auf den 10. November 1938 wurde die beabsichtigte Zerstörung der Synagoge durch das beherzte Eingreifen des Architekten Otto Mogk verhindert, der die SA-Männer noch rechtzeitig darauf hinweisen konnte, dass das Haus an einen nichtjüdischen Bürger verkauft worden war. In der folgenden Zeit baute Herr Sauermann das Gebäude zu einer Tischlerwerkstatt mit einem kleinen Ausstellungsraum um.
Die Darstellung folgt dem von Heinrich Rostmann verfassten Artikel Pyrmont im Historischen Handbuch der jüdischen Gemeinden in Niedersachsen und Bremen, Göttingen 2005, S. 1291-1298, sowie der Broschüre "Menschen wie du und ich". Auf den Spuren der jüdischen Bürger Bad Pyrmonts in der Zeit des Nationalsozialismus, hrsg. von der Klasse 10c des Humboldt-Gymnasiums Bad Pyrmont im Juni 2004, weist aber Ergänzungen auf.
Stolpersteine
Im Stadtgebiet von Bad Pyrmont liegen Stolpersteine für die folgenden Personen:
Rathausstr. 1: für Sally, Anna, Edith und Hans Abraham
Brunnenstr. 9: für Max Michaelis
Brunnenstr. 10: für Gertrud Bacharach
Brunnenstr. 10: für Israel, Anna und Rudi Heymann
Brunnenstr. 12: für Cäcilie Heimann
Bahnhofstr. 51: für Laura, Hedwig, Fritz und Berta Lichtenstein.
Sämtliche Fotos: Bernhard Gelderblom 2021 und 2023
Gräber von Zwangsarbeitern auf dem Oesdorfer Friedhof
In Pyrmont hat die Stadt im Jahre 2009 nach Anregung einiger Bürger drei am Rande des Oesdorfer Friedhofes versteckt liegende Gräber von Zwangsarbeitern würdig herrichten lassen und mit einem Inschriftenstein versehen. Dessen Text lautet:
Während des Zweiten Weltkrieges mussten nahezu Tausend
junge Menschen vor allem aus Polen, Russland und der Ukraine in Pyrmont
Zwangsarbeit leisten. Nicht alle haben diese schlimme Zeit überlebt.
Valentina Gorbatschewa aus Russland
- nahm sich das Leben
Anastasia
Panibratzewa aus der Ukraine
- starb
an Lungen-Tuberkulose
Czeslaus Szerepanski aus Polen
- nahm sich das Leben
Wir dürfen
das Unrecht, das diesen Menschen geschah, nicht vergessen.
Die Bürgermeisterin
der Stadt Bad Pyrmont
Fotos 2009
Text: | Bernhard Gelderblom |
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Auftraggeber: | Stadt Bad Pyrmont | |
Eingeweiht: | 14. Juli 2009 |