Orte der Erinnerung für die Opfer des Nationalsozialismus
im Kreis Hameln-Pyrmont und angrenzenden Orten

Bisperode

Texte und Fotos: Bernhard Gelderblom
 

Tafel für zwei jüdische Grabsteine auf dem christlichen Friedhof 

 Erinnerungstafel auf dem Friedhof Bisperode

Die beiden Grabsteine der Eheleute Spiegelberg

Jüdische Grabsteine auf einem christlichen Friedhof? Das entspricht nicht dem jüdischen Ritualgesetz und ist auch aus christlicher Sicht ungewöhnlich.

In Bisperode hat es nie einen jüdischen Friedhof gegeben. Die beiden Grabsteine der Eheleute Spiegelberg standen ursprünglich außerhalb dieses Friedhofes, an der Böschung zur Straße, die nach Harderode führt. Die kleine Familiengrabstätte war mit einem gusseisernen Zaun umgeben. Während der Pogromnacht des 9. November 1938 zerstörten Nationalsozialisten die Grabsteine aller jüdischen Friedhöfe der Umgebung, allein diese hier blieben vom Vandalismus verschont.

Nach dem Kriege rückte man die beiden Steine um einige Meter auf das Gelände des christlichen Friedhofes und legte sie flach auf den Boden. Inzwischen haben sie – wieder aufgerichtet – im Eingangsbereich des Friedhofes einen würdigen Platz gefunden, so dass auch ihr hebräischer Text auf der Rückseite sichtbar ist.

Die jüdische Kaufmannsfamilie Spiegelberg lebte spätestens seit 1781 in Bisperode, denn in diesem Jahr wurde Jacob Spiegelberg hier geboren. Die Familie kam vermutlich aus dem nahen Lauenstein, wo sie schon länger ansässig war. Im Jahre 1850 kaufte Jacobs Sohn Moses das Haus Voremberger Straße 11 als Wohn- und Geschäftshaus. Mit seiner Ehefrau Esther, geb. Wolfes, hatte er fünf Kinder. Zum Gottesdienst musste Moses in das zwölf Kilometer entfernte Halle gehen, weil es in Bisperode keine Synagoge gab.

Als Moses Spiegelberg 1866 starb und seine Ehefrau Esther 1901, fanden beide am Rande des christlichen Friedhofes ihr Grab. Da sie ihr Leben lang in Bisperode gewohnt und gearbeitet hatten, wollten sie auch hier bestattet werden.

Eine Tochter der Eheleute, die 1863 in Bisperode geborene Elise Spiegelberg, verheiratete Rudnicki, wurde im Juli 1942 als 79-Jährige aus einem Berliner Altersheim in das Ghetto Theresienstadt deportiert und starb dort am 5. September 1942.

Nachkommen der Familie leben heute in Deutschland, England, Frankreich, Australien, Kanada und in der Südafrikanischen Union.
 

Text:   Bernhard Gelderblom 
Auftraggeber:   Evangelische Kirchengemeinde Bisperode
Eingeweiht:   15. Juni 2010

 
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