Orte der Erinnerung für die Opfer des Nationalsozialismus
im Kreis
Hameln-Pyrmont und angrenzenden Orten
Hameln - Friedhof Am Wehl - Gräberfeld C I
Interview des Volksbundes Niedersachsen mit Bernhard Gelderblom zur Geschichte
der Gräberfelder C1 und C3, abrufbar unter https://youtu.be/zkLoNtOKJuQ.
Auf C1 liegen die Opfer, die das Hamelner Zuchthaus mit seinen unmenschlichen Haftbedingungen
in der NS-Zeit gefordert hat.
Auf C3 liegen die in Kriegsverbrecherprozessen zum Tode verurteilten NS-Täterinnen und Täter,
welche die Briten in den Jahren 1945 bis 1949 im Hamelner Zuchthaus durch den Strang
hingerichtet haben.
Die folgenden Texte und Fotos: Bernhard Gelderblom
Die Geschichte des Gräberfelds C I
Als sich im Zuchthaus Hameln seit 1944 die Lebensbedingungen der Häftlinge wegen verschärfter Arbeitsbedingungen, mangelnder Ernährung und katastrophaler Überbelegung immer mehr verschlechterten, stieg die Zahl der Toten steil an. Im Sommer 1944 beschloss die Friedhofsverwaltung, für die Toten des Zuchthauses ein gesondertes Gräberfeld anzulegen. Sie wählte dazu das ganz abseitig gelegene Feld C I.
Das Gräberfeld und seine Einebnung
Von Dezember 1944 bis Juni 1945 wurden auf diesem Feld insgesamt 181 Tote bestattet, ohne Sarg und nicht selten zu zweit in einem Grab. Die Gräber waren nur durch aufgeschüttete, mit Efeu bepflanzte Grabhügel kenntlich.
Belegungsplan Friedhof Am Wehl Abt. C I, Stand 1955
StA Hameln, Best. 600, Mappe 15, Bl. 2,5
Das Gräberfeld kurz vor der 1976 vollzogenen Einebnung
Dewezet 3.11.1975
In Unkenntnis der Tatsache, dass auf dem Feld C I Personen liegen, die unter den Schutz des Kriegsgräbergesetzes fallen, also dauerndes Ruherecht genießen, ließ die Stadt das Gräberfeld 1976 einebnen. Seitdem verwilderte das Feld.
Zustand des Gräberfeldes im Jahre 1999
Foto Bernhard Gelderblom
Die Wiederherstellung der verwilderten Fläche und die Aufstellung einer Geschichts- und Erinnerungstafel
Knapp 30 Jahre später, im Jahr 2005, erforschten Schüler eines Leistungskurses Geschichte des Albert-Einstein-Gymnasiums mit ihrem Lehrer Bernhard Gelderblom die Geschichte des Gräberfeldes C I und machten, unterstützt vom Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge, das Gräberfeld durch eine Tafel kenntlich.
Geschichts- und Erinnerungstafel für die Toten des Zuchthauses in der NS-Zeit,
aufgestellt 2005. Foto Bernhard Gelderblom 2012
2006 richteten überwiegend ausländische Jugendliche im Rahmen eines internationalen Jugendlagers des Volksbundes die verwilderte Fläche wieder her.
Die Herrichtung des Gräberfeldes im Jahre 2006
Fotos Bernhard Gelderblom 2006
Die Anerkennung als Kriegsgräberstätte und die Durchführung eines Gestaltungswettbewerbs
Seit Beginn des Schuljahres 2013/14 haben sich Schülerinnen und Schüler des Seminarfaches Kunst des Albert-Einstein-Gymnasiums mit ihrem Lehrer Gunnar Schwandt der Aufgabe gestellt, das Gräberfeld künstlerisch zu gestalten, um es zu einem würdigen Gedenkort für diese Opfer des Nationalsozialismus zu machen. In der Ausstellung im Albert-Einstein-Gymnasium wurden 17 Entwürfe vorgestellt. Eine Jury setzte den Entwurf von Svenja Broska einstimmig auf den ersten Platz.
Das von der Jury auf den ersten Platz gesetzte Modell von Svenja Broska
Foto Bernhard Gelderblom 2014
Bericht über die Jury-Entscheidung in der Dewezet vom 25. April 2014
Zeitgleich mit der Eröffnung der Ausstellung erschien diese Dokumentation. Ihr Ziel war es, die überfällige Anerkennung des Gräberfeldes als Begräbnisstätte im Sinne des Gesetzes über die Erhaltung der Gräber der Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft (Gräbergesetz) auf den Weg zu bringen.
Die Dokumentation über die vergessenen NS-Opfer des Zuchthauses Hameln auf dem Gräberfeld C I, 2014
Die Eröffnungsveranstaltung am 7. April 2018
Mit der Anerkennung der Gräber als Kriegsgräber durch das niedersächsische Innenministerium standen Bundesmittel zur Verfügung, die eine angemessene Gestaltung des Ortes ermöglichten.
Zur Einweihung des neugestalteten Gräberfelds und des Denkmals veranstalteten die Stadt Hameln und der Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln e. V. am Samstag, 7. April 2018, um 14 Uhr auf dem Gelände des Friedhofs Am Wehl eine Feierstunde.
Angehörige verstorbener Häftlinge aus den Niederlanden und Deutschland waren anwesend. Die Feierstunde wurde von den Hamelnern Blechbläsern musikalisch gestaltet.
Es sprachen Prof. Dr. Axel Saipa, Vorsitzender des Landesverbandes des Volksbundes Niedersachsen, Carla van den Hout, Enkelin des Niederländers Johannes Allers, der 1943 im Zuchthaus Hameln verstarb, der Hamelner Oberbürgermeister Claudio Griese und Bernhard Gelderblom für den Verein für regionale Kultur- und Zeitgeschichte Hameln.
Von links: Prof. Dr. Axel Saipa, Vorsitzender des Landesverbandes des Volksbundes Niedersachsen; Carla van den Hout,
Enkelin des Niederländers Johannes Allers, der 1943 im Zuchthaus Hameln verstarb; Svenja Broska, die Entwerferin des Modells
Sämtliche Fotos: Olaf Piontek
Rede von Prof. Dr. Axel Saipa als PDF
Das neu gestaltete Gräberfeld C 1 der Opfer des Hamelner Zuchthauses
In den Boden eingelassene Tafeln tragen die Namen der 181 hier bestatteten Opfer. Am Rande des Gräberfelds informieren Stelen über die Schicksale der hier liegenden Opfer der NS-Zeit und die Zustände, die damals im Zuchthaus herrschten.
Das fertig gestellte Gräberfeld C I der Opfer des Hamelner Zuchthauses
Fotos Bernhard Gelderblom 2018